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INTEGRATION ALS KOMMUNALE AUFGABE - Cumali NAZ

Unser Kolumnist Cumali NAZ


Kommunalwahlkämpfe sind in München und Bayern vorbei. Jetzt beginnt die tägliche politische Arbeit in den Kommunen. Kommunalpolitik findet vor unserer Haustür statt, denn schon der Bürgersteig vor dem Haus ist eine kommunale Angelegenheit. Und darum geht sie eigentlich jede, jeden etwas an, ganz gleich in welchem Alter oder welcher sozialen Position. Vor diesem Hintergrund ist es schwer nachzuvollziehen, warum z.B. nur 55 % der Wahlberechtigten in Bayern und nur 42 % in München zur Wahl gingen. Nicht mal jeder Zweite hat etwa in München oder Nürnberg gewählt. Die Gründe dafür sollten die politischen Akteure genau analysieren und sich Gedanken darüber machen, wie man die Einwohner einer Kommune besser in die politischen Entscheidungen einbinden kann.
Integrationspolitik und Integrationsarbeit sind nicht mehr Randthemen, sondern haben in der  gesamten Kommunalpolitik einen hohen Stellenwert. Sie werden als Querschnittsaufgabe wahrgenommen. Dabei sollte man die Integration als interaktiven Prozess zwischen Aufnahmegesellschaft und Zugewanderten verstehen. So wie die zugewanderten Menschen im eigenen Interesse Integrationsleistungen erbringen müssen, um erfolgreich zu sein, müssen sich auch die Gesellschaft und ihre Institutionen dem Wandel durch Zuwanderung anpassen.
Nach der Kommunalwahl brauchen wir jetzt überall eine Integrationsoffensive!
Wir brauchen verlässliche Partner für erfolgreiche Integration. Weil nur im örtlichen Miteinander entscheiden sich Erfolg oder Misserfolg von Integrationsbemühungen: in den Stadtteilen und Wohnvierteln, den Schulen, den Einrichtungen der Erwachsenenbildung und auf dem lokalen Berufsbildungs- und Arbeitsmarkt.
Alle Städte und Gemeinden Bayerns stehen heute vor der Herausforderung, das Thema „Zuwanderung und Integration“ als eine komplexe, querschnittsorientierte und alle Aspekte kommunaler Politik berührende Aufgabe wahrzunehmen. Diese integrationspolitischen Anforderungen an die Kommunen werden noch zunehmen. Die demographische Entwicklung in unserem Land wird dazu führen, dass in den nächsten Jahren und Jahrzehnten große Teile vor allem der Stadtbevölkerung einen Migrationshintergrund haben werden.
In zahlreichen Kommunen in Bayern, die bereits über einen hohen Migrantenanteil verfügen, werden Integrationsaufgaben schon jetzt mit großem Engagement und erfreulicher Kreativität wahrgenommen.
Dabei wird immer deutlicher, dass der Erfolg kommunaler Integrationspolitik nicht allein von der Zahl und der Qualität einzelner Maßnahmen abhängt. Entscheidend ist auch die Art und Weise, wie das Aufgabenfeld „Integration“ in der Kommune organisiert ist. Dazu brauchen wir vor allem ein Gesamtkonzept, das wir gemeinsam mit allen relevanten Akteuren und Migrantenverbänden entwickeln müssen.

Cumali Naz
Vorsitzender des Ausländischen Elternvereins

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Anforderungen an die neue Bundesregierung

- Eine glaubwürdige und erfolgversprechende Integration verlangt Chancengleichheit und Teilhabe in Politik und Gesellschaft. Dazu ist vor allem die Einführung des kommunalen Wahlrechts für Niederlassungsberechtigte erforderlich.

- Das Staatsangehörigkeitsrecht muss in Richtung Mehrstaatlichkeit modernisiert werden, d.h. großzügige Hinnahme der doppelten Staatsbürgerschaft. Fakt ist, dass über die Hälfte der Einbürgerungen unter Hinnahme der Mehrstaatlichkeit vollzogen wird. Der automatische Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit bei eingebürgerten Personen, die einen anderen Pass annehmen und die sogenannte „Optionspflicht“ müssen abgeschafft werden. Der Zwang von in der Bundesrepublik geborenen Jugendlichen, sich nach dem 18. Lebensjahr nur für eine Staatsangehörigkeit entscheiden zu müssen, bringt diese Jugendliche in eine unzumutbare Konfliktsituation. Ein demokratischer Staat wie die BRD kann sich nicht leisten, dass die Kluft zwischen Wohn- und Wahlbevölkerung weiter klafft.

- Die Defizite des deutschen Bildungssystems im Umgang mit sozialer, ethnischer und sprachlicher Vielfalt müssen endlich Mal überwunden werden. Allen Jugendlichen sollen unabhängig von ihrer Herkunft gleiche Bildungschancen eröffnet werden. Dies bedeutet: Abschaffung der frühen Selektion und mehr Ganztagsschulprogramme.

- Diskriminierungen aufgrund Herkunft, Hautfarbe oder Religion sind zu bekämpfen. Es reicht nicht, Diskriminierungen zu verbieten, erforderlich ist eine breite Kampagne zur Gleichbehandlung, die alle Akteure in Politik und Gesellschaft einbezieht.

- Zuwanderungsgesetz muss mit einer Bleiberechtsregelung für hier lebende Flüchtlinge ohne gesicherten Aufenthaltsstatus verbunden werden. Flüchtlingen muss ein menschenwürdiges Leben ermöglicht werden. Sie dürfen nicht zu Opfern einer restriktiven Abschreckungspolitik gemacht werden, die sich solcher Instrumente wie Sachleistungen, Ausreisezentren, Flughafenverfahren oder der sog. Residenzpflicht bedient. Das Asylbewerberleistungsgesetz muss abgeschafft werden. Keine Flüchtlingslager außerhalb der EU. Die im Zuwanderungsgesetz vorgesehene Härtefallregelung muss in allen Bundesländern zugänglich und angewendet werden. Die monatelange Abschiebehaft ist abzuschaffen. Schutzwürdige Personen wie Minderjährige, Schwangere, Alleinerziehende etc. dürfen nicht in Abschiebehaft. Keine Abschiebungen in Krisengebiete.

- Islam als gleichberechtigte Religion rechtlich und politisch anerkennen und gesellschaftlich integrieren.

 

- Ein solidarisches Europa bedeutet auch, den Weg der Türkei nach Europa und damit den demokratischen Reformprozess im Land kritisch/konstruktiv unterstützen und begleiten. In dieser Frage dürfen die vorhandenen Ressentiments nicht weiter geschürt werden.

Cumali Naz, Vorsitzender des Ausländischen Elternvereins

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